von Götz Heinrich Loos
Zu den Problemen des Naturschutzes "vor Ort" gehört das Aufkommen von Neophyten, die unter Umständen erhaltenswerte Pflanzenvorkommen in Bedrängnis bringen können. Freilich handelt es sich um eine übertriebene Furcht, denn zum einen sind vergleichsweise wenige Stellen betroffen, bei denen Neophyten in ökologische Nischen eindringen, in denen sich schutzwürdige Elemente befinden und diese durch Kon-kurrenzvorteile der Neophyten bedroht werden (meist sind es Biotope, in denen wegen natürlicher hoher Nährstoffverhältnisse und/oder allgemeiner Hypertrophierung ohnehin nur "Allerweltsarten" wie die Große Brennnessel dominant auftreten); zum anderen ist die Gruppe der "Problemneophyten" eine insgesamt kleine, während ein Großteil der beständigen Sippen mit neophytischen Vorkommen zumindest bisher keine Anzeichen bietet, dass diese sich einmal als "Problempflanzen" gestalten könnten.
Gleichwohl ist eine Prognose über zukünftige Entwicklungen fast unmöglich, da Evolution eine Rolle spielt und Ausleseprozesse vielfach erst nach längerer Zeit einen anpassungs- und ausbreitungsfähigen Typ einer Art herausbilden können.
Der 1824 in Münster erschienene "Prodromus Florae Monasteriensis Westphalorum" von Clemens von Bönninghausen (Nachdruck im "Kiebitz", 17. Jahrgang - Heft 3/1997) erlaubt einen Einblick in die Flora des Münsterlandes - insbesondere des südlichen Kreises Coesfeld, der von v. Bönninghausen und seinem Mitarbeiter Nagelschmidt ausführlicher untersucht wurde (da beide hier wohnten) - in der Zeit vor Eisenbahnbau und Industrialisierung. Wenn auch die Industrialisierung in diesem Raum keineswegs so tiefgreifend war wie im Ruhrgebiet, bewirkte doch der Bahnbau einen wirtschaftlichen Aufschwung, in dessen Rahmen sich kleinere bis mittlere Industriebetriebe in den hiesigen Gemeinden einfanden und letztlich auch die Siedlungen anwuchsen, womit Rahmenbedingungen für die Neuansiedlung von Pflanzen geschaffen wurden.
Insofern erscheint ein Vergleich der bereits zu Bönninghausens Zeit vorhandenen beständigen Neophyten mit den heutigen Verhältnissen lohnenswert. Im folgenden werden daher zunächst die bereits vor 170 Jahren vorhandenen fest etablierten Neophyten aufgelistet, unterteilt nach den Ausbreitungsquellen und z. T. nach den Ausbreitungsmodalitäten. Dem folgt in ähnlicher Unterteilung eine Übersicht der heute zusätzlich vorkommenden eingebürgerten Neophyten, wobei in Einzelfällen angegeben wird, woher Bönninghausen die jeweilige Sippe schon (außerhalb des südlichen Kreisgebietes) kannte, falls sie in der Flora aufgeführt ist (die meisten jener hier angegebenen Sippen fehlen jedoch im "Prodromus" noch gänzlich).
Die Nomenklatur richtet sich nach der "Flora des mittleren Westfalen" (Büscher & Loos, in Vorbereitung), in Klammern werden die von Bönninghausen verwendeten Namen angegeben oder bei noch wenig gängigen gültigen Namen die bislang vorzugsweise gebräuchlichen. Die Abkürzung "B." bezeichnet Angaben im "Prodromus". Vorweg jedoch eine kurze Begriffserläuterung: Als "Neophyten" bezeichnet man Pflanzensippen (Arten, Unterarten, Varietäten, bei Zier-pflanzen Sorten), die etwa seit der Entdeckung Amerikas (aber spätestens seit 1500) in einem Bezugsraum neu auf-getreten sind und aus anderen Räumen (u.a. auch anderen Florenreichen) stammen. Neophyten stehen damit im Gegensatz zu den Indigenophyten , den im betrachteten Raum entstandenen oder vor Beginn menschlicher Siedlungstätigkeit zugewanderten Sippen. Ebenfalls stehen sie im Gegensatz zu den Archäophyten, also den nach Beginn menschlicher Siedlungstätigkeit im Bezugsraum eingewanderten Sippen (besonders im Zusammenhang mit Landwirtschaft) vor der Entdeckung Amerikas. Viele Sippen sind jedoch nicht klar einer dieser Kategorien zugeordnet werden, da verschiedene Populationen zu verschiedenen Zeiten in das Gebiet gelangten, einige gar urwüchsig sein können (d.h. Status mehrdeutig).
Neophyten der Zeit etwa seit dem Eisenbahnbau heißen auch Industriophyten; sie wachsen häufig an Ruderalstellen. An derartigen Standorten finden sich oft zudem neophytische Vorkommen sonst bereits länger vorhandener Arten ein, so dass sich kaum entscheiden lässt, ob es sich hier wirklich um eine Neueinwanderung handelt oder ob ausgehend von den bestehenden Populationen die Art im Bezugsraum einfach nur eine neue ökologische Nische erschlossen hat (= sich apophytisch verhält). Neben der Einwanderungszeit ist die Art und Weise der Einwanderung von Bedeutung; wichtigste Typen: Eingeschleppte, Einwanderer, Angepflanzte und Verwilderte.
Schließlich ist die Beständigkeit der Sippen von Bedeutung, wobei innerhalb der eigentlichen, also nicht angepflanzten Neophyten mindestens zwischen Unbeständigen (Ephemerophyten) und Eingebürgerten unterschieden werden sollte (ausführlicher und terminologisch vollständiger hierzu vgl. Loos, G. H. 1999: Die Neophyten und ihre Begriffs-systeme. Naturreport (Unna) Beiheft 2).
Rezent verwilderte Pflanzen sind grundsätzlich als Neophyten anzusprechen. Dies muss besonders betont werden, da unbeständige Verwilderungen aus Gärten oder Äckern oft als unbedeutend abgetan werden. Die vorausgesetzte Unbeständigkeit ist dabei aber nichts anderes als eine Prognose mit hohem Unsicherheitsfaktor. Eine realitätsnahe Erfassung muss deshalb alle Verwilderungen gleich welcher scheinbaren Qualität einschließen - das betrifft Siedlungsbereiche genauso wie den ländlichen Raum.
EINGEBÜRGERTE NEOPHYTEN ZU ZEITEN BÖNNINGHAUSENS
1. Zu Bönninghausens Zeiten seltene, heute weiter verbreitete, ursprünglich eingeschleppte oder eingewanderte Neophyten Angelica archangelica - Erz-Engelwurz (B.: Nur Darup am Ramesbruche; heute entlang der Kanäle verbreitet, auch vereinzelt in deren unmittelbaren Umgebung); Cardamine hirsuta - Behaartes Schaumkraut (B.: Nur Coesfeld auf der Zitadelle; heute häufig).
2. Schon zu Bönninghausens Zeiten weit verbreitete, ursprünglich eingeschleppte oder einge-wanderte Neophyten Alopecurus myosuroides (A. agrestis) - Acker-Fuchsschwanzgras ; Apera spicaventi (Agrostis spica-venti) - Windhalm; Calamagrostis epigejos (Arundo Epigeios) - Land-Reitgras (B.: Nicht selten); Chenopodium ficifolium - Feigenblättriger Gänsefuß (B.: Allenthalben; zwischenzeitlich wohl zurückgegangen, heute wieder vor allem in Maisäckern in Ausbreitung); Conyza canadensis (Erigeron canadense) - Kanadisches Berufkraut; Oenothera biennis - Gewöhnliche Nachtkerze.
3. Zu Bönninghausens Zeiten häufigere, heute seltenere, ursprünglich eingeschleppte, eingewanderte oder aus Kultur verwilderte Neophyten Acorus calamus - Kalmus (aus Kultur verwildert; B.: Häufig; heute seltener); Datura stramonium - Gewöhnlicher Stechapfel (wohl eingewandert); Fagopyrum tataricum- Tataren-Buchweizen (mit Buchweizenkultur eingewandert oder eingeschleppt; heute ausgestorben).
4. Arten mit indigenen Vorkommen zu Zeiten Bönning-hausens, heute weitgehend mit nach Ansalbung und daraus erfolgter Verwilderung eingebürgerten Vorkommen Hippuris vulgaris - Tannenwedel; Nymphaea alba - Weiße Seerose; Stratiotes aloides - Krebsschere.
5. Örtlich in Gärten kultivierte Pflanzen mit nachfolgender Vermehrung und meist begrenzter lokaler Einbürgerung in der nächsten Umgebung der Pflanzstellen, z. T. auch aus Garten-abfällen Eranthis hyemalis - Winterling (B.: Bei Havixbeck); Geranium phaeum - Brauner Storchschnabel (B.: Nur einmal; ob wirklich eingebürgert?); Hyacinthoides cf. xmassartiana - Hasenglöckchen (bei B. als Scilla nutans, nur einmal in Coesfeld; heute mehrfach); Lysimachia punctata - Punktierter Gilbweiderich (B.: Nur ein Fundort); Mentha xvillosa cv. Alopecuroides (M. nemorosa) - Fuchsschwanz-Minze (B.: Nur Coesfeld einmal; heute öfter); Mentha viridis (M. crispata, M. glabrata) - Grüne Minze; Muscari botryoides - Kleine Traubenhyazinthe (ob zu B.s Zeit eingebürgert? Heute sehr lokal, v.a. auf Friedhöfen); Physalis alkekengii - Judenkirsche (B.: Nur einmal Dülmen; ob eingebürgert? Heute die cv. Franchetii v.a. in Gärten lokal eingebürgert); Primula vulgaris (P. acaulis) - Stengellose Schlüsselblume (B.: Coesfeld in Dieks Busche; ob damals eingebürgert? Heute nur sehr lokal auf Friedhöfen); Sempervivum tectorum (Sedum tectorum) - Dach-Hauswurz (B.: Auf Mauern und Dächern der Bauern-höfe überall häufig; heute nicht mehr als eingebürgerte Art gefunden);Tanacetum parthenium (Pyrethrum parthenium) - Mutterkraut (B.: Nicht selten).
6. Aus forstlichem Anbau verwilderte und eingebürgerte Arten Acer pseudoplatanus - Berg-Ahorn (B.: Tilbeck; heute weit verbreitet); Pinus sylvestris - Wald-Kiefer (allerdings unklar, ob schon zu B.s Zeiten eingebürgert).
7. Aus Feldbau verwilderte und eingebürgerte Arten Lotus colocensis - Saat-Hornklee (nicht von L. corniculatus unterschieden; heutzutage meist angesät und daraus verwildert und eingebürgert); Medicago xvaria - Saat-Luzerne (bei B. als M. sativa geführt).
8. Aus Ansaaten (Böschungen, Grünland) verwilderte und eingebürgerte Sippen (zu Zeiten Bönninghausens überwiegend noch insgesamt selten, so dass im "Prodromus" Einzelfundorte genannt werden) Alopecurus pratensis - Wiesen-Fuchsschwanzgras; Ammophila arenaria (Arundo arenaria) - Strandhafer (heute verschollen); Arrhenatherum elatius - Glatthafer (kann auch z. T. aus anderen Räumen zugewandert sein); Trifolium hybridum - Schweden-Klee; Trifolium sativum s. lat. - Saat-Rot-Klee.
9. Arten, bei denen unklar ist, ob es sich um Archäophyten oder Neophyten handelt Avena fatua - Flug-Hafer (B.: Ausgesprochen häufig); Armoracia rusticana (Cochlearia Armoracia) - Meerrettich; Bromus tectorum - Dach-Trespe (B.: In trockenen Äckern: Dülmen, Darup; heute fast nur noch auf Bahngelände, sicher neophytische Vorkommen); Chenopodium hybridum - Unechter Gänsefuß (bis heute ausgesprochen selten); Cichorium intybus - Wegwarte; Dianthus armeria - Büschel-Nelke; Digitaria ischaemum (Panicum glabrum) - Kahle Fingerhirse; Digitaria sanguinalis (Panicum sanguinale) - Blut-Fingerhirse (B.: Keineswegs häufig: Darup, Coesfeld; heute regional verbreitet); Dipsacus fullonum (D. sylvestris) - Wilde Karde; Echinochloa crus-galli (Panicum Crusgalli) - Echte Hühnerhirse (B.: Häufig); Galanthus nivalis - Echtes Schneeglöckchen (bis heute immer wieder neu verwildernd, örtlich in Massenbeständen); Helleborus viridis - Grüne Nieswurz (noch nach B. häufig in Bauerngärten, daher sind auch jüngere Einbürgerungen wahrscheinlich); Inula helenium - Echter Alant; Ornithogalum umbellatum s. lat. - Doldiger Milchstern; Narcissus poeticus - Weiße Narzisse; Narcissus pseudonarcissus s. lat. - Osterglocke (beide Narzissen früher offenbar viel häufiger als heute; heute nur noch lokal); Peucedanum ostruthium (Imperatoria Ostruthium) - Meisterwurz (im Bergland sicher Archäophyt; B.: Nur Coesfeld unfern der städtischen Ziegelei); Reseda luteola - Färber-Wau (B.: Nicht selten); Sedum album - Weiße Fetthenne; Setaria pumila (Panicum glaucum) - Fuchsrote Borstenhirse; Setaria viridis (Panicum viride) - Grüne Borstenhirse (B.: In Gärten überall häufig; heute mehr in Maisäckern); Tragopogon pratensis - Wiesen-Bocksbart; Tripleurospermum perforatum (Pyrethrum inodorum) - Geruchlose Kamille (B.: Häufig); Valerianella locusta - Echter Feldsalat (B.: Häufig; heute stark zu-rückgegangen); Vinca minor - Kleines Immergrün (bis heute auch immer wieder neu verwildernd).
10. Arten, bei denen unklar ist, ob es sich um Indigenophyten, Archäophyten oder Neophyten handelt Carduus crispus s. lat. - Krause Distel; Digitalis purpurea - Roter Fingerhut (daneben auch aus Gärten verwildert und örtlich eingebürgert); Ribes uva-crispa (R. reclinatum, R. grossularia) - Stachelbeere (bis heute immer wieder verwildert, insgesamt vermutlich Archäophyt); Sedum sexangulare - Milder Mauerpfeffer (heute nur verwildert); Ulex europaeus - Stechginster; Verbascum densiflorum (V. thapsiforme) - Großblütige Königskerze.
11. Hinsichtlich des Status ganz problematische Arten
a) Mehrdeutige Arten mit rückgängigen indigenen Vorkommen, aber mit zunehmenden neophytischen (d.h. in das Gebiet eingewanderte oder eingeschleppte) Vorkommen: Vermutlich zahlreiche Arten, z. B. Colobium taraxacoides (Leontodon saxatilis) - Zinnensaat; Echium vulgare - Gewöhnlicher Natternkopf; Herniaria glabra - Kahles Bruchkraut; Saxifraga tridactylites - Dreifinger-Steinbrech; etc. - allerdings ist im Regelfall nicht zu entscheiden, ob es sich wirklich um neophytische oder nicht etwa um apophytische Vorkommen handelt. -
b) Mehrdeutige Arten mit indigenen (oder archäophytischen) und neophytischen, meist aus Ansaaten oder auch aus Ver-schleppungen mit Gartenabfällen (z. T. auch durch Vögel verschleppt) stammenden eingebürgerten, kaum von indigenen zu unterscheidenden Vorkommen: Aquilegia vulgaris - Echte Akelei (aus Gartenabfällen); Convallaria majalis - Maiglöckchen; Galium odoratum (Asperula odorata) - Wald-meister (beide vorige auch vielfach lokal aus Anpflanzungen); Hedera helix - Efeu; Holosteum umbellatum - Doldige Spurre; zahlreiche Arten der Süßgräser (Poaceae), insbesondere Anthoxanthum odoratum - Wiesen-Ruchgras, Cynosurus cristatus - Wiesen-Kammgras, Festuca nigrescens - Horst-Schwingel, Holcus lanatus s. lat. - Wolliges Honiggras, Lolium perenne - Deutsches Weidelgras, Phleum pratense s. lat. - Wiesen-Lieschgras etc., evtl. auch Festuca brevipila - Rauhblättriger Schwingel (Indigenat jedoch äußerst fraglich); Pulmonaria officinalis - Geflecktes Lungenkraut; Ribes nigrum - Schwarze Johannisbeere; Ribes rubrum - Rote Johannis-beere; Sedum acre - Scharfer Mauerpfeffer (aus Gar-tenabfällen); Trifolium repens - Weiß-Klee. -
c) Indigene Holzgewächse mit zusätzlichen kultivierten Vorkommen im Rahmen von forstwirtschaftlichen Maßnahmen oder Landschaftsbegrünungen, welche nachfolgend Verwilderungen und Einbürgerungen verursachen, dabei vermutlich schon um 1824 in der freien Landschaft kultiviert: Acer campestre - Feld-Ahorn; Betula pendula - Weiß-Birke; Carpinus betulus - Hainbuche; Corylus avellana - Haselnuss; Fagus sylvatica- Rot-Buche; Fraxinus excelsior - Echte Esche; Prunus avium - Vogel-Kirsche; Quercus robur - Stiel-Eiche; Salix div. Arten und Hybriden (insbesondere S. alba und S. rubens) - Weiden. -
d) Von B. als (z. T. häufig) wildwachsend angegeben, jedoch Einbürgerung - gemessen an den heutigen Verhältnissen - wenig wahrscheinlich: Hierher u.a. Asparagus officinalis - Spargel; Atriplex hortensis - Garten-Melde (nach B.s Angaben vielleicht früher eingebürgert); Borago officinalis - Borretsch; Cichorium endivia - Endivie; Cornus mas (C. mascula) - Kornelkirsche; Corylus maxima (C. tubulosa) - Lambertsnuss (heute wohl mit Einbürgerungstendenz); Malva verticillata (M. crispa) - Quirl-Malve; Prunus cerasus - Sauer-Kirsche; Prunus domestica - Pflaume (früher evtl. lokal eingebürgert); Ribes alpinum - Alpen-Johannisbeere (B.: An Zäunen, sehr reichlich bei Coesfeld; wohl nur gepflanzt?); Silybum marianum - Mariendistel; etc.
BEI BÖNNINGHAUSEN NOCH NICHT ERWÄHNTE, HEUTE ZUSÄTZLICH EINGEBÜRGERTE SIPPEN
1. Neophyten mit zumindest lokaler Massenvermehrung
a) Neophyten mit lokaler Massenausbreitung, die örtlich naturschutzproblematisch werden können, meist noch in weiterer Ausbreitung begriffen (sämtlich aus Verwilderungen oder Anpflanzungen in der freien Landschaft hervor-gegangen): Fallopia japonica - Japanischer Staudenknöterich; Fallopia sachalinensis - Sachalin-Staudenknöterich (viel seltener als vorige Art, vor Ort jedoch meist entsprechend mächtige Bestände ausbildend); Heracleum mantegazzianum - Riesen-Bärenklau; Impatiens glandulifera - Drüsiges Spring-kraut; Prunus serotina - Späte Traubenkirsche; Rubus armeniacus - Armenische Brombeere (große Bestände überwiegend im Siedlungsbereich); Solidago anthropogena (S. canadensis) - Garten-Goldrute; Solidago gigantea subsp. serotina - Riesen-Goldrute. -
b) Eingebürgerte Arten mit weiteren z. T. starken Ausbreitungstendenzen, bei denen die zukünftige Verbreitung noch nicht abgeschätzt werden kann: Brassica napus - Raps (zwar nach B. bereits häufig gebaut und spontan, eingebürgert jedoch erst innerhalb des letzten Jahrzehnts, wobei nicht klar ist, ob die Art im Gebiet direkt von Äckern aus verwildert ist oder entlang von Straßen und Eisenbahnen das Gebiet erreicht hat); Lolium multiflorum convar. italicum - Welsches Weidelgras; Senecio inaequidens - Schmalblättriges Greiskraut (ursprünglich schwerpunktmäßig an Eisenbahnen und Autobahnen ausgebreitet, inzwischen aber auch unabhängig von Verkehrsachsen). -
c) Lokal, jedoch an zahlreichen Stellen zugleich verwilderte Art mit jeweils starker Ausbreitungstendenz: Lamium argentatum - Silberblättrige Goldnessel.
2. Durch forstliche Kultivierung oder als Begleitgrün ge-pflanzte Arten mit lokalen Einbürgerungen Acer platanoides - Spitz-Ahorn; Robinia pseudoacacia - Robinie.
3. Lokale Verwilderungen und Einbürgerungen aus Gartenabfällen Aconitum napellus s. lat. (meist - wenn nicht immer - A. carmichaelii) - Blauer Eisenhut; Geranium pratense s. lat. - Wiesen-Storchschnabel (B.: Nur einmal Kreis Warendorf); Lunaria annua - Einjähriges Silberblatt (auch unmittelbare Verwilderungen aus örtlichen Pflanzungen, vor allem im Siedlungsbereich); Sedum hispanicum - Spanische Fetthenne; Sedum pseudomontanum - Garten-Fetthenne; Sedum spurium - Kaukasus-Fetthenne (alle Fetthennen-Arten werden auch örtlich angepflanzt und verwildern in benachbarte Bereiche, z. B. auf Friedhöfen und an Mauern).
4. Einwanderer über Eisenbahnstrecken
a) Noch auf den Bahnbereich beschränkte Arten: Aster novi-belgii s. lat. - Neubelgische Aster (weitaus weniger als im Ruhrgebiet, zudem auch unabhängig davon, wohl z. T. aus Verwilderungen); Cerastium glutinosum - Drüsiges Hornkraut; Eragrostis minor - Kleines Liebesgras; Lepidium virginicum - Virginische Kresse; Linaria repens - Kriechendes Leinkraut; Verbascum lychnitis - Mehlige Königskerze. -
b) Arten mit Ausbreitung über den Bahnbereich hinaus: Berteroa incana - Graukresse (bei B. nur aus Wesel bekannt); Cardaminopsis arenosa - Sand-Schaumkresse (beide nur sehr selten über den Bahnbereich hinausgehend, dann aber z. T. in Menge); Coronilla varia - Bunte Kronwicke (B.: Nur Rhein; inzwischen auch angesät und daraus verwildert); Diplotaxis tenuifolia - Schmalblättriger Doppelsame (B.: Nur Rhein-gebiet). Erigeron patzkei (E. annuus-Gruppe) - Patzkes Fein-strahl (im Gebiet wohl als Einwanderer, anderenorts als verwilderte Zierpflanze; inzwischen zunehmend unabhängig von Bahnstrecken); Lepidium ruderale - Schutt-Kresse (B.: Nur Rheingebiet; sich neuerdings auch an Straßen ausbreitend); Matricaria discoidea - Strahlenlose Kamille (da schon sehr früh außerhalb von Bahnstrecken aufgetreten, kann nicht entschieden werden, ob diese Art den Kreis Coesfeld zuerst über die Bahn erreicht hat); Pastinaca pratensis (P. sativa ß. arvensis) - Wiesen-Pastinak (B.: Nur Rheine und Rhein); Senecio vernalis - Frühlings-Greiskraut (noch ausgesprochen selten); Vulpia myuros - Mäuseschwanz-Federschwingel; siehe auch Senecio inaequidens unter 1c.
5. Einwanderer über Straßen Cochlearia danica - Dänisches Löffelkraut (Linienwanderer an den Autobahnen, bislang kaum außerhalb); Coronopus didymus - Zwei-knotiger Krähenfuß (noch nicht sicher eingebürgert, aber an Autobahnen mit klarer Einbürgerungstendenz); Lepidium (Cardaria) draba - Pfeil-Kresse (seltener auch entlang des Kanals und unabhängig); Puccinellia distans s. lat. - Abstehender Salzschwaden; siehe auch Senecio inaequidens unter 1c und Oenothera glazioviana unter 9c.
6. Einwanderer über Wasserwege Aster lanceolatus - Lanzettblättrige Aster (Dortmund-
Ems-Kanal, aber auch unabhängig davon, eventuell z. T. aus Verwilderungen); Bidens frondosa - Schwarzfrüchtiger Zweizahn (Dortmund-Ems-Kanal, auch einzelne Fließgewässer, neuerdings unabhängig davon).
7. Einwanderer über Bodenmaterial, Pflanzgut, Mähmaschinen u.a. (vielfach Friedhofsbewohner) Cardamine flexuosa - Wald-Schaumkraut; Cardamine impatiens - Spring-Schaum-kraut (B.: Nur Rheingebiet);Veronica filiformis - Faden-Ehrenpreis;Veronica peregrina - Fremder Ehrenpreis.
8. Neophyten der Äcker, insbesondere Maiskulturen
a) Weithin verbreitete Arten: Amaranthus powellii - Grünähriger Fuchsschwanz; Amaranthus retroflexus - Zurückgebogener Fuchsschwanz. -
b) Noch sehr seltene Arten: Panicum dichotomiflorum - Gabelblütige Hirse; Setaria faberi -Fabers Borstenhirse; Setaria pycnocoma - Große Borstenhirse. -
c) Art mit Rückgangstendenz: Anthoxanthum aristatum - Begranntes Ruchgras (durch Herbizide und Bodenbearbeitung kaum noch in Äckern, mehr an offenen Stellen in Heideresten und an Böschungen).
9. Örtlich angesalbte, angesäte oder in Gärten kultivierte Pflanzen mit nachfolgender Vermehrung und eng begrenzter lokaler Einbürgerung in der nächsten Umgebung der Pflanzstellen
a) Holzgewächs: Rhododendron (Ledum) groenlandicum - Grönländischer Porst (nur Venner Moor). -
b) Frühjahrs-geophyten: Crocus div. Arten u. Hybriden (u.a. C. chrysanthus, C. sie-beri, C. tommasinianus, C. vernus-Hybriden) - Krokusse; Hyacinthus orientalis - Hyazinthe; Muscari armeniacum - Armenische Traubenhyazinthe; Muscari neglectum - Weinbergs-Traubenhyazinthe; Othocallis (Scilla) siberica - Sibirischer Blaustern; Scilla (Chionodoxa) siehei - Schneestolz. -
c) Weitere: Anthemis tinctoria - Färber-Hundskamille (B.: Nur Rheingebiet); Aster novaeangliae - Neuenglische Aster; Campanula portenschlagiana - Balkon-Glockenblume; Cerastium tomentosum s. lat. - Filziges Hornkraut (auch sehr sel-ten aus Gartenabfällen verwildert und eingebürgert); Cymbalaria muralis (Linaria cymbalaria) - Mauer-Zymbelkraut (nur sehr selten anscheinend länger einge-bürgert und ehemalige Pflanzung nicht mehr erkennbar); Duchesnea indica - Indische Scheinerdbeere; Fragaria xananassa - Garten-Erdbeere (sehr selten wirklich beständig); Lupinus polyphyllus - Vielblättrige Lupine (durch massenhafte Ansaat an Autobahnen nur scheinbar wandernd, aber sich doch mehr oder weniger stark dort ausbreitend); Mahonia aquifolium - Gewöhnliche Mahonie (steht am Anfang einer Einbürgerung, die sich jedoch vielerorts bereits abzeichnet, Ausbreitung durch Vögel); Malva mauritiana - Mauretanische Malve; Nymphoides peltata - Seekanne; Oenothera glazioviana - Rotkelchige Nachtkerze (neuerdings bevorzugt an Auto-bahnen); Pseudofumaria lutea - Gelber Lerchensporn (im Gegensatz z. B. zu den Vorkommen an Mauern im Hellweggebiet ist im südlichen Kreis Coesfeld fast immer noch erkennbar, aus welcher Anpflanzung die Vorkommen stammen); Symphoricarpos rivularis - Schneebeere; Sanguisorba polygama (S. muricata) - Grubiger Wiesenknopf; Trifolium subterraneum - Erd-Klee (vermutlich aus Ansaat nachfolgend eingebürgert).
10. Neophyten mit disperser Ausbreitung (d.h. in der Ausbreitung ohne erkennbare Abhängigkeit von Linienstrukturen, Pflanzungen u.ä.; im allgemeinen mit flugfähigen oder anheftbaren Ausbreitungseinheiten) Bromus inermis (Festuca inermis) - Wehrlose Trespe (B. nur aus Münster und vom Rhein bekannt; ursprünglich und auch neuerdings angesät, daneben aber auch eingewandert, z. T. als Straßen-, Kanal- und Bahnwanderer, z. T. unabhängig davon); Elodea canadensis - Kanadische Wasserpest (ursprünglich wohl von Wasserwegen abhängig, durch Wasservögel jedoch darüber hinaus ausgebreitet); Elodea nuttallii - Nutalls Wasserpest; Epilobium ciliatum - Drüsiges Weidenröschen; Epilobium lamyi - Lamys Weidenröschen (früher möglicherweise übersehen, dann aber gewiss sehr selten, erst seit knapp zehn Jahren stark in Ausbreitung); Galinsoga ciliata - Behaartes Knopfkraut; Galinsoga parviflora - Kleinblütiges Knopfkraut (außerhalb der Sandgebiete heute meist wie 7.); Juncus tenuis - Zarte Binse; Lactuca serriola (L. Scariola) - Stachel-Lattich (B.: Nur Rheingegend; neuerdings zunächst überwiegend Bahnwanderer, heutzutage ganz unabhängig davon); Lathyrus tuberosus - Erdnuß-Platterbse (B.: Münster, Rees, Emmerich); Reseda lutea - Gelbe Reseda (B. nennt nur Fundorte außerhalb des Gebietes; hat sich zunächst wohl entlang der Eisenbahnen ausgebreitet, heute aber auch unabhängig davon); Sagina apetala s. lat. - Kronblattloses Mastkraut (nächster Fundort bei B.: Cappenberg, Kreis Unna); Schedonorus phoenix (Festuca arundinacea) - Rohr-Schwingel (ursprünglich entlang der Flüsse, B. jedoch nur außerhalb des Gebietes bekannt; z. T. Ausbreitung entlang der Fließgewässer und Straßen, in neuerer Zeit jedoch auch ohne erkennbare Abhängigkeiten); Senecio congestus - Moor-Greiskraut; Senecio ovatus - Fuchssches Greiskraut (B.: Im Tiefland nur Lippborg, Kreis Soest); Symphytum xuplandicum - Futter-Comfrey (vielfach zugleich verwildert, von einem Verwilderungszentrum aus ausgebreitet oder ursprünglich entlang von Verkehrswegen eingewandert?); Verbascum phlomoides - Windblumen-Königskerze (z. T. wohl über die Bahn eingewandert, heute zunehmend Autobahnwanderer);Veronica persica - Persischer Ehrenpreis (möglicherweise früher ähnlich 8. mit Getreidesaat ausgebreitet, heute wohl z. T. wie 7.); Vulpia bromoides - Trespen-Federschwingel (B.: nur Hullern, heute Kreis Recklinghausen; heute aber wohl wieder stark zurückgegangen).
11. Indigene Holzgewächse mit zusätzlichen kultivierten Vorkommen im Rahmen von forstwirtschaftlichen Maßnahmen oder Landschaftsbegrünungen, welche nach-folgend Verwilderungen und Einbürgerungen verursachen, dabei vermutlich erst im 20. Jahrhundert in der freien Landschaft kultiviert. Alnus glutinosa - Schwarz-Erle; Cornus sanguinea s. lat. - Roter Hartriegel; Euonymus europaea - Pfaffenhütchen; Lonicera xylosteum - Rote Heckenkirsche; Prunus padus - Echte Traubenkirsche; Rhamnus cathartica - Kreuzdorn; Rhamnus frangula - Faulbaum; Salix viminalis - Korb-Weide; Sorbus aucuparia - Vogelbeere; Viburnum opulus - Wasser-Schneeball.
Götz Heinrich Loos, Ruhr-Universität Bochum, AG
07.09.2001