DER HEIDESEE - EIN FAST VERGESSENES PARADIES von Jan Mühlenkamp, Holger Weiling und Christoph Marfort. - 12.01.2004


1. Einleitung

Auf unser Thema " Der Heidesee - ein fast vergessenes Paradies" kamen wir durch unsere Mathematiklehrerin Frau Siecora. Sie wies uns darauf hin, dass der Heidesee und seine Umgebung sehr wertvolle, vielfältige und interessante Lebensräume sind. Nach einer einjährigen Unterbrechung bei der Teilnahme an "Jugend forscht/Schüler experimentieren" beschlossen wir, ein neues Projekt ins Leben zu rufen. Das Projekt "Heidesee" bot sich an, da dieses Gebiet nicht sehr weit von unseren Wohnorten entfernt liegt und wir es seit Jahren kennen.

 

Das Gebiet des Heidesees wurde im Laufe der Jahrzehnte durch den Menschen beeinflusst und immer wieder verändert. Diese Veränderungen brachten teilweise auch ökologische Probleme mit sich, wie zum Beispiel Artenrückgang, Verlust naturnaher Lebensräume, Belastung des Wassers und, als der Heidesee noch in Privatbesitz war, ein Absenken des Wasserspiegels.

 

Für unsere Arbeit durchstreiften wir die Umgebung des Sees mit Filmkamera und Fotoapparat, unternahmen einige Exkursionen in das eigentliche Naturschutzgebiet mit Herrn Averkamp, einem Vertreter des örtlichen Naturschutzbundes, und forschten im Stadtarchiv unter der Leitung von Herrn Damberg, der uns Einblick in alte Karten und Dokumente ermöglichte. Außerdem suchten wir mehrfach Herrn Grömping von der "Unteren Landschaftsbehörde" bei der Kreisverwaltung Coesfeld auf, der uns eine Sammlung von Informationen zur Verfügung stellte. Bei unseren Nachforschungen stellten wir fest, dass unser gewähltes Thema sehr komplex ist und im Rahmen dieser Arbeit nicht alle Aspekte ausführlich berücksichtigt werden konnten. Daher mussten wir einzelne Schwerpunkte setzen.

Wir wollen in unserer Arbeit neben einer Darstellung über die Entstehung und über die natürlichen Gegebenheiten auch den Wandel von einem teilweise bäuerlich genutzten Bereich zu einem Naturschutzgebiet darstellen.

 

2.1 Lage des Heidesees

Der Heidesee liegt in einem breiten Streifen Heideland westlich der Kreisstadt Coesfeld in der Westfälischen Bucht. Das Gebiet um den Heidesee ist ein bei der Coesfelder Bevölkerung sehr beliebtes Naherholungsgebiet. Der See liegt inmitten eines Kiefernwaldes 5 km westlich der Kreisstadt und 1,5 km weit weg von der Verbindungsstraße Coesfeld-Velen-Borken. Das ca. 18 ha große Heidegebiet gehört zur Bauerschaft Goxel im Amt des Kreises Coesfeld. In einem Umkreis von ca. 4-5 km stößt man im Westen auf die Goxeler Berge, im Nordosten auf den 81,7 m hohen Monenberg und im Süden auf den 106 m hohen Hünsberg.

 

Heute steht der Heidesee mit einer Größe von 1,7 ha unter der Verwaltung der Stadt Coesfeld. Der frühere Name "Wilmerstütenkuhle" entstand durch die Venntüte, einen großen Brachvogel, der heutzutage leider nur noch selten anzutreffen ist, wahrscheinlich wegen der Kultivierung des Venns. Im Stadtarchiv forschten wir in alten Karten. Nach längerem Suchen entdeckten wir, dass im 19. Jahrhundert der Heidesee gar nicht eingetragen und erst im Jahre 1868 unter dem Namen "Tütenkuhle" erstmalig handschriftlich eingezeichnet war.

 

2.2 Die Entstehung des Heidesees und der Heidelandschaft

Die Entstehung des Heidesees in der Coesfelder Heide ist wahrscheinlich auf einen Gletscher in der Eiszeit zurückzuführen. Wie auch in vielen anderen Teilen Europas ist auch in unserer Heimat ein riesiger Gletscher vorgedrungen. Er hat in der Eiszeit große Mengen von Sand und Gestein als Moräne vor sich her geschoben. Je weiter sich der Gletscher ausgebreitet hat, desto mehr Geröll hat er mitgebracht. Große Findlinge, wie z.B. das Holtwicker Ei, zeugen davon. Unter dem enormen Druck des Gletschers wurden große Gesteinsmassen zu Sand zerrieben und stark komprimiert. Als die Eiszeit endete und die Gletscher abschmolzen, blieb an der Stelle der heutigen Heide eine Sandlandschaft bestehen. Sanddünen entstanden im Laufe der Zeit durch den Einfluss von Wind. Mit großer Wahrscheinlichkeit bildeten sich so auch kleinere Löcher und Kuhlen.1) Geologen vermuten, dass sich solch eine Kuhle mit Regenwasser gefüllt hat und so die Urform des Heidesees entstanden ist. In den ersten Jahren, das belegen Bodenanalysen, muss der Heidesee zeit-weise wieder zugeweht sein. Das wiederholte sich dann aber nicht mehr, da sich anspruchslose Pflanzen am Ufer angesiedelt und mit ihren Wurzeln den losen Sand festgehalten haben. Zu diesen Pflanzen gehören die Heide und mehrere Farne und Moose. Im Laufe der Zeit bildeten sich jedoch auch lichte Laubwälder aus Eichen, Birken, Buchen und Ebereschen. Diese wurden jedoch von Menschen als Weideplätze für ihre Tiere und zur Brennholzgewinnung genutzt. So verschwand weitgehend der Wald, und es entstand wieder ein Gebiet mit Sanddünen. Um 1850 begann man mit einer Aufforstung des Areals mit Kiefern. Deren Holz nutzte man als Baumaterial. Darüber hinaus fand es guten Absatz im nahen Ruhrgebiet im Bergbau. Zu dieser Zeit kehrten auch Moorbirke und Sandbirke zurück.

1)Information auf einer Exkursion zum Heidesee am "Tag des Baumes" im Jahre 2002, an dem auch Wacholderbäume gepflanzt wurden, die den Charakter der Heide stärker verdeutlichen sollen.

Betrachtet man einmal das Gebiet in unserer Zeit, erkennt man, dass der Wald überhand gewonnen hat. Der Heidesee würde vielleicht gar nicht mehr existieren, wenn der Mensch nicht eingegriffen hätte. Deshalb ist dieses Areal auch heute noch auf die Hilfe der Menschen angewiesen, damit wir in Zukunft einen solchen ,,Heidesee'' vorfinden können.

 

2.3 Entwicklung zum Naturschutzgebiet

Dass der Heidesee ein schützenswerter Biotop ist, wurde von den verantwortlichen Ämtern und Behörden früh erkannt. Deshalb stellte man ihn unter das Bundesnaturschutzgesetz. Dieses Gesetz wurde jedoch von den früheren vier Besitzern des Heidesees (Landwirten) weniger ernst genommen. Der Heidesee war für sie sogar hinderlich, weil sie diesen Bereich nicht wirtschaftlich nutzen konnten. Das damals rund 1,7 ha große Gebiet ummittelbar um den See war sehr sumpfig, und der Einsatz von Maschinen war nicht möglich. Die Landwirte betrieben deshalb in diesem Gebiet Forstwirtschaft.

 

Im Jahr 1959 wurde die Untere Landschaftsbehörde darauf aufmerksam, dass einer der Landwirte den Wasserspiegel des Heidesees gesenkt hatte, indem er das Wasser durch einen Graben ableitete. Der Verursacher wurde aufgefordert, den Graben umgehend wieder zu schließen, damit der Heidesee nicht ganz austrocknete und im schlimmsten Fall verlandete. Da der Heidesee ausschließlich von Regenwasser gespeist wird, war es wichtig, dass schnell gehandelt wurde. Der Verursacher folgte den Anweisungen, aber es stellte sich jedoch einige Monate später heraus, dass der Graben nur provisorisch geschlossen worden war. Das hatte zur Folge, dass der See wiederum Wasser verlor. Durch Messungen stellte man fest, dass der Wasser-spiegel um rund 30 cm gesunken war. Solch eine enorme Veränderung war früher nie vorgekommen. Im Juli des Jahres 1961 wurde von der Unteren Landschaftsbehörde beschlossen, anstelle des Grabens einen Spundbohlendamm zu errichten, der das Wasser des Sees bis zu einer bestimmten Höhe aufstauen sollte. Es sollte so ein künstlicher Überlauf geschaffen werden, der auch bei starkem Regen den Wasserspiegel auf gleichem Niveau hält. Durch den Damm dehnte sich der See an der Ost- und Südseite weiter aus.

 

Da das Interesse an dem Heidesee auf der Seite des Kreises Coesfeld immer größer wurde, war man bestrebt, den Heidesee und das umliegende Gebiet käuflich zu erwerben. Im Jahr 1986 gelang es dem Kreis auch, den See und ein 5,2 ha großes Gebiet zu kaufen. Der umliegende Kiefernwald wurde gerodet in der Erwartung, dass sich die ehemalige Heide wieder einstellt. Gleichzeitig sollte eine Pufferzone entstehen, die Nährstoffeintragungen aus der Landwirtschaft und Störungen durch den Menschen (z.B. durch Radfahrer, Reiter und Lagernde) abhalten soll. Zum Erstaunen der beteiligten Projektführenden breitete sich die Besenheide ohne den Einfluss des Menschen aus. Genauso kehrten die "Erika" und die beiden Wollgrasarten (Scheidiges W. und Schmalblättriges W.) zurück. Seltene Vogelarten und viele andere Tiere erkannten das Heideseegebiet als neuen Lebensraum.

 

Der Heidesee ist biotopisch gesehen ein ,,oligotropher Heideweiher''1) und gehört somit zu den gefährdeten Biotopen. Heutzutage versucht man solche Biotope miteinander zu vernetzen, um einen Populationsaustausch von Tier- und Pflanzenarten zu ermöglichen. Dies ist wegen seiner Insellage in der Heide nicht möglich.

 

2.4 Boden- und Wasserverhältnisse

Für den Heidesee und für seine Umgebung spielt der Boden eine tragende Rolle. So nehmen die Pflanzen lebensnotwendige Nährstoffe aus dem Boden auf. Als wir zum Heidesee gingen, fiel uns der sandige Weg, der um den See führt, auf. Wir konnten beobachten, dass der Weg nach einem Regenschauer sehr schnell trocknete, da der Sand das Wasser nicht halten kann.

 

Die Beschaffenheit des Bodens ist für die Pflanzen von höchster Bedeutung. Anhand der Pflanzen kann man erkennen, welche Eigenschaften der Boden besitzt. Wenn z.B. Heidekraut und Ginster auf einem Fleck wachsen, kann man davon ausgehen, dass der Boden kalkhaltig ist, weil diese Pflanzen nur auf kalkhaltigem Boden gedeihen können. In dem Gebiet, wo das Torfmoos anzutreffen ist, muss der Boden sauer sein. Torfmoos wächst nur auf saurem Boden, eine Untersuchung bestätigte dies. Der Boden hat einen pH-Wert von ca. 5 - 5,5 in dem Gebiet, wo das Torfmoos anzutreffen ist.

 

Nun zum biologischen Abbau von Pflanzenresten:

Sie werden von Bakterien und Pilzen zersetzt und umgewandelt und dienen anderen Pflanzen als Nahrung. Bei mangelnder Durchlüftung des Bodens bildet sich saurer Humus und danach Heide- bzw. Sumpftorf. Viele Bakterien können den Säuregehalt des Bodens nicht vertragen. Zwangsläufig wird er ärmer an Stickstoffverbindungen, sodass nur noch anspruchslose Pflanzen gedeihen. Wichtig für das Gebiet am Heidesee ist die wasserundurchlässige Ortsteinschicht, die das Versickern des Oberflächenwassers und das Aufsteigen des Grundwassers verhindert. Diese Schicht ist ca. 30 cm mächtig und befindet sich etwa 60-70 cm unter der Schlammschicht am Boden des Sees.

 

1) Vgl. Walter Vest, "Kiebitz", Seite 75-76

Ortstein entsteht durch Anreicherung von Eisen und Humus in der Bleicherdeschicht (Podsol). Diese bräunlich-schwarz gefärbte Schicht ist wasserundurchlässig und so stark verfestigt, dass nicht einmal Wurzeln sie durchdringen können.

 

Der Heidesee in der Coesfelder Heide ist ein typischer Heideweiher und hat dementsprechend saures Wasser. Dies ist auf die Lage des Sees zurückzuführen. Der See liegt in einem moorigen Gelände. In einer Akte der Unteren Landschaftsbehörde haben wir bei unseren Nachforschungen ein Untersuchungszeugnis über die Wasserwerte des Heidesees gefunden. Hierbei handelte es sich um Ergebnisse von 1982. In diesem Jahr gab es im See eine hohe Konzentration an Gesamtphosphat, was mit großer Wahrscheinlichkeit auf eine Überdüngung zurückzuführen war. Dies führte zu einem raschen Wachsen der Flatterbinse. Es bestand die Gefahr, dass die freie Wasserfläche komplett zuwachsen könnte. Deshalb wurde in der Zeit auch eine Entbinsung durchgeführt. Da wir keine weiteren Untersuchungsergebnisse in den Akten fanden, entschlossen wir uns, selbst die Wasserwerte bestimmen zu lassen. Wir erkundigten uns bei einem Mitarbeiter des Abwasserwerkes der Stadt Coesfeld und fragten, ob eine Analyse der Wasserwerte möglich sei.

 

Man sagte uns, dass eine einmalige Wasseranalyse kein Problem sei. Am 29.08.02 fuhren wir zum Heidesee, um eine Wasserprobe zu entnehmen. Da das Ufer des Sees sehr moorig ist und man schnell einsinkt, war die Wasserentnahme nicht einfach. Wir befestigten das Schöpfgefäß an einer langen Stange. Damit führten wir die Entnahme der Wasserprobe zügig durch. Schon dabei fiel uns die leichte Grünfärbung des Wassers auf.

 

Schnell brachten wir den einen Teil zur Analyse ins Abwasserwerk, während wir den anderen Teil mit nach Hause nahmen. Dort ließen wir das Gefäß mehrere Minuten stehen. Eine grüne Schicht aus Algen und anderen Schwebstoffen hatte sich am Boden des Gefäßes abgesetzt. Dies ließ auf eine Menge an Algen schließen. Zusätzlich betrachteten wir ein Teil des Wassers unter dem Mikroskop. Nachdem wir am Nachmittag des gleichen Tages die Ergebnisse der Wasseranalyse abgeholt hatten, verglichen wir diese mit denen des Jahres 1982.1) Aus Kostengründen konnten nicht alle Werte analysiert werden. Es wurden folgende Werte ermittelt: Temperatur, pH-Wert, Leitfähigkeit, Gesamtphosphate, Nitrat (NO3) und Nitrit (NO2).

 

1) Unsere Wasseranalyse vom 29.08.02 geprüft um 9.30 Uhr 2) Die Wasseranalyse vom 9.02.82

Werte Einheit 1) Ergebnis 2) Ergebnis

Temperatur °c 22,3 18,8

pH-Wert 4,79 4,5

Leitfähigkeit µS/cm 46,7 40,0

Gesamtphosphat (mg/l) 0,347 2,04

Nitrat (NO3) (mg/l) 0,617 0,40

Nitrit (NO2) (mg/l) 0,016 -------

In beiden Fällen erkennt man, dass das Wasser einen hohen Säuregehalt hat (4,5 und 4,79). Darauf ist zurückzuführen, dass keine Fische im Heidesee leben können. Die Kiemen der Fische würden durch das saure Wasser starke Schäden erleiden, und die Fische würden daran zu Grunde gehen. Auch der Moorfrosch hat Nachteile durch das saure Wasser, ein Großteil der Eier verpilzt durch den Säuregehalt.

 

2.5 Nutzung der Heide früher und heute

Schon in der Vergangenheit wurde die Heidelandschaft im Münsterland von den Menschen genutzt. Lichter Laubwald mit Eichen-, Birken-, Buchen- und Ebereschenbestand fand sich in Verbindung mit Heide und einigen Moos- und Farnarten. Die damals siedelnden Menschen rodeten die Wälder um Brenn- und Baumaterial zu gewinnen. Die gleichzeitig gewonnenen Flächen nutzten sie als Weideland für ihre Tiere. Durch den Verbiss fing die Heidelandschaft schneller wieder an zu blühen und breitete sich dementsprechend schneller aus. Da die Heide zu der Zeit in einem großen Umfang vorhanden war, nutzten Bauern sie, indem sie Heideplaggen stachen und sie als Einstreu für Ställe nutzten. An den sandigen und nährstoffarmen Stellen, wo solche Plaggen entnommen wurden, breiteten sich schnell lichthungrige Pflanzen aus. Da es zu dieser Zeit noch keinen Kunstdünger gab, wurden die Heideplaggen mit Tierdung gemischt und als Dünger für Äcker genutzt.

 

Pollenanalysen beweisen, dass der Mensch mit seinen Tieren den Stoffkreislauf im Ökosystem des Waldes unterbrochen hat. Die neu entstandene Heidelandschaft bezeichnet man als ,,künstliche Heide''. Es wurden regelmäßig Schafe (Heidschnucken) in das Heidegebiet getrieben, die die Heide kurz halten sollten. Die Schafhaltung wurde jedoch nach einiger Zeit aufgegeben und es wurden Kiefern angepflanzt (vgl. S.4) und Ackerflächen erschlossen. 1) Vgl. Schreiben der Landwirtschaftskammer Westfalen-Lippe vom 25.02.1982 an den Oberkreisdirektor in Coesfeld. Lange Zeit galt das Heideseegebiet bei der Coesfelder Bevölkerung als beliebter Platz zum Baden, Zelten und Lagern. Als man dieses Areal unter Naturschutz stellte, wollte man den Besuchern weiterhin die Möglichkeit geben, in die Nähe des Sees zu gelangen. Daher legte man einen Rundweg um die 1,7 ha große Fläche an, der zu erholsamen Wanderungen einlädt, bei denen man den See auf sich wirken lassen kann.

 

2.6 Die Flora des Heideseegebietes

Der Heidesee ist ein kleines Paradies, da der Artenreichtum enorm ist. Das bemerkten wir bereits, als wir zum ersten Mal den Heidesee und seine Umgebung erkundet haben.

 

Da wir mit unseren Beobachtungen erst im Laufe des Sommers angefangen haben, war es uns nicht möglich, die Vegetation im Verlauf eines Jahres zu beobachten. Wir werden dies im nächsten Jahr fortsetzen. Uns interessierte, wie das Gebiet wohl früher aussah. Es sah nämlich nicht immer gleich aus, und es wird sich auch immer weiter verändern. Uns standen hierzu zwei Arbeiten von Frau Kirchhoff aus den Jahren 1952 und 1982 zur Verfügung. Bei der ersten Untersuchung nahmen die Pflanzen ca. die Hälfte der Wasserfläche ein. In der Nähe des Wassers kamen Kiefern oder Birken nicht vor. Die Verlandung schritt immer weiter fort. Frau Kirchhoff stellte fest, dass sich innerhalb von 30 Jahren die Flora verändert hat bezüglich Häufigkeit und Deckungsgrad. Einen hohen Deckungsgrad hat die Flatterbinse, deshalb können andere Pflanzen schlecht gedeihen. Es kommt zur Massenvegetation, d.h. eine Pflanzenart dominiert das ganze Bild. In den verlandeten Teilen steht eine Vielzahl von Pflanzen neben kleinen Kiefern. Es wird sich zeigen, ob sie sich durchsetzen können. Wir trafen außerdem auf ein spezielles Moos: das Torfmoos. Es besiedelt hauptsächlich den südöstlichen Teil und ist die Pflanze mit dem höchsten Deckungsgrad. Das Moos bildet einen dichten Teppich. Es ist aber zwischen den sehr dicht stehenden Stängeln der Flatterbinse nur aus der Nähe zu erkennen. Ein Moospflänzchen aus dem Teppich zu reißen, gelingt leicht, da es nicht mit einer Wurzel im Boden verankert ist. Es "liegt" praktisch auf dem feuchten Boden. Im oberen Teil ist das Moos grün und wird nach unten schließlich ganz braun. Während es nach oben hin weiter wächst, sterben die unteren Teile ab. Wenn man Torfmoos aus dem Teppich herausnimmt, kann man auch nach längerer Trockenzeit noch Wasser aus dem Moos pressen, ähnlich wie bei einem Schwamm. Es kann also größere Wassermengen aufnehmen und speichern. Diese Fähigkeit besitzt das Moos auch noch, wenn es schon abgestorben ist. Das Torf-moos liebt saure Böden, es kann nur auf diesen gedeihen. Die meisten Pflanzen, die am oder im Heidesee wachsen, kommen aus der Familie der Sauergräser oder der Binsengewächse, z.B. das Scheidige Wollgras, die Wiesensegge oder die Flatterbinse.

 

Die Holzpflanzen kommen nur als Keimlinge oder in Strauchform vor. Die größeren Bäume (Kiefern, Birken) stehen in Gruppen am Rande des Heidesees. Im Norden und Westen grenzt der See an einen ca. 30 Jahre alten Kiefernwald. Im Süden schließt sich ein etwa 20 Jahre alter Bestand an. Am Ostufer stehen ca. 1-2 Jahre alte Kiefern, Birkengebüsch und etwa 5-6 jährige Kiefern. Wir sahen einen relativ kleinen Teil des Sees, der nicht von Pflanzen bewachsen ist: Um diesen Teil des Wassers liegt ein Ring mit Sumpfbinsen. Es ist möglich, dass in den nächsten Jahren der freie Fleck verschwunden sein wird, wenn der Mensch nicht eingreift. Die Arten, die am meisten am und im See vertreten sind, sind Pfeifengras, Flaschensegge und Torfmoos. Sie bestimmen eindeutig das Bild des Sees. Arten wie Flatterbinse, Wiesensegge, Rundblättriger Sonnentau und Schmalblättriges Wollgras sind auch vertreten.

 

Im Frühjahr sahen wir, dass die erste blühende Pflanze das Scheidige Wollgras ist und bald danach das Schmalblättrige Wollgras. Sie blühen bereits im März. Der Heidesee hat sich im Laufe der Jahre immer wieder verändert und wird es auch weiter tun. Heidekraut und die Glockenheide kamen nur in einiger Entfernung, nicht am Heidesee selbst, vor. Das Scheidige Wollgras kam 1950 noch sehr häufig vor, nun ist es nur noch teilweise vorhanden. Früher gab es einen großen Bestand von Sumpfbinsen, die heute ganz verschwunden sind. In dem Gebiet wo früher die Sumpfbinse anzutreffen war, lebt heute die Flatterbinse. Es gibt auch Arten, die ihre Zahl über Jahre halten konnten, eine von ihnen ist das Pfeifengras.

 

Bedauerlicherweise wurde vor einigen Jahrzehnten die Amerikanische Traubenkirsche in vielen Teilen Europas zur Bodenverbesserung eingeführt. Durch die Zersetzung ihrer Blätter erreicht man eine deutliche Verbesserung des Kohlenstoff - Stickstoff - Verhältnisses im Boden. So erhält man wertvolleren Humus. Durch Vögel werden die Samen weit verbreitet. Leider war nicht bekannt, dass sich die Amerikanische Traubenkirsche im Gegensatz zur Europäischen Traubenkirsche so rasant und in solch einer aggressiven Form ausbreitet und dadurch einheimische Pflanzen weitgehend verdrängt, indem sie ihnen den Lebensraum nimmt. In großen Teilen Europas versucht man, die Amerikanische Traubenkirsche wieder zu beseitigen. Dies gelingt jedoch nur chemisch oder manuell durch Auszupfen der Keimlinge.

 

Heute kann man sich schon fast fragen: Verdient der Heidesee überhaupt den Namen "See"? Denn der See ist fast gar nicht mehr frei von Pflanzenwuchs, außer, wie bereits erwähnt, nur an einer kleinen Stelle. Abschließend kann man sagen, dass der See und seine Umgebung sich immer weiter verändern werden.

 

2.7 Fauna des Heideseegebietes

Der Heidesee stellt einen Lebensraum für viele z.T. bedrohte Tierarten dar. Hierzu zählen viele Vogelarten (Baumpieper, Goldammer, Kuckuck, Heidelerche und Zugvögel, wie Graugänse und den seltenen Zwergtaucher), Reptilien, wie Kreuzotter und Zauneidechse, zahlreiche Insektenarten, wie Erdbienen und verschiedenartige Libellen, der Dreistachlige Dungkäfer und viele weitere Kleinlebewesen.

Besonders hervorheben wollen wir in diesem Zusammenhang den Moorfrosch, der zu den bedrohten Tierarten gehört. Am Heidesee finden wir eine der größten Populationen in Nordrhein-Westfalen, daher möchten wir näher auf diese Tierart eingehen.

 

Der Moorfrosch (Rana arvalis) gehört zu der Gattung der Baumfrösche. Ein typisches Erkennungszeichen für diese Frösche sind die braunen Schläfenflecken hinter den Augen. Mit seiner braun-grünlichen Farbe sieht er dem Grasfrosch sehr ähnlich, jedoch ist er mit 7 cm Größe etwas kleiner als der bis zu 10 cm Große Grasfrosch. Der Bauch des Moorfrosches ist weiß. Vergleicht man die Kopfform des Moorfrosches mit der des Grasfrosches, wird man bei genauerer Betrachtung feststellen, dass der Kopf des Moorfrosches flacher und keilförmiger ist. In dem Gebiet um den Heidesee leben etwa 2000-2100 geschlechtsreife Tiere.

Moorfrösche paaren sich zwischen März und April. Während der Paarung legt das Weibchen 1-2 Eiklumpen ab, die je ca. 1000-2000 Eier enthalten. Trotz der hohen Eizahl erreichen nur etwa 2% der geschlüpften Tiere die Geschlechtsreife (dies ist nach der ersten oder zweiten Überwinterung). Zurückzuführen ist das auf Laichräuber, wie Enten, und das mit einem pH-Wert von knapp unter 5 (4,79) sehr sauren Wasser. Das saure Wasser lässt einen Teil der Eier verpilzen. Auch geschlüpfte Kaulquappen sind durch Fressfeinde, wie die gefräßige Libellenlarve oder die Gelbrandkäferlarve, bedroht. Es gibt jedoch noch weitere Tiere, die eine Bedrohung darstellen. Hierzu zählen Teich- und Seefrosch, Molch, Kreuzotter, Blindschleiche, Graureiher sowie die kleineren Greifvögel, wie Waldkauz, Waldohreule, Mäusebussard und Habicht, die sich die jungen Moorfrösche als Nahrung aussuchen.

 

Moorfrösche bewegen sich sowohl schwimmend im Wasser als auch springend an Land zügig fort. Ausschlaggebend ist dafür, dass sich ihr Lebensraum nicht nur auf das Laichgewässer beschränkt. Nach der Laichablage suchen sie einen Sommerlebensraum auf. Sie bevorzugen bei der Auswahl ihres Lebensraumes verwilderte Entwässerungsgräben, Hecken an kleinen Gräben mit vorübergehender Wasserführung, extensiv genutztes Weideland, Erlen- und Pappelgehölze sowie feuchte Ackerbrache. Da zuvorgenannte Lebensräume im Gebiet des Heidesees kaum vorkommen, ist die Moorfroschpopulation auf hohe bodennahe Luftfeuchtigkeit des Waldes angewiesen.

 

Ähnlich wie andere wechselwarme Tiere suchen die Moorfrösche zur Winterzeit ein Winterquartier auf. Dabei handelt es sich in den meisten Fällen um ein Gewässer, in dessen schlammigen Boden oder Uferbereichen sie sich vergraben und dort sicher vor Feinden ihre Winterstarre halten.

 

2.8 Erhaltungsmaßnahmen

Genauso wie andere von Menschen geschaffene Kulturbiotope bedarf auch der Heidesee des Schutzes und der Pflege des Menschen. Die Flatterbinsen, die stark zum Verlanden des Heidesees beitragen, müssen regelmäßig von den Menschen entfernt werden, genauso die Keimlinge der Sandbirke und der Kiefer. Diese Pflegemaßnahmen sind für diese Biotope unentbehrlich, wenn noch spätere Generationen einen solchen Heidesee vorfinden sollen. Deshalb werden Heidschnucken in das Gebiet des Heidesees getrieben, die durch den Verbiss der aufkommenden Jungpflanzen die Heide jung erhalten und pflegen. So erschafft man gleichzeitig einen Lebensraum für die seltenen und geschützten Tier- und Pflanzenarten, die spezielle Ansprüche an einen nährstoffarmen Biotop stellen. Um den Heidesee zusätzlich vor Nährstoffeintragungen und die Tiere vor Störungen durch Menschen zu schützen, wurde rund um den Heidesee ein Zaun errichtet. Jedoch wollte man Besuchern die Möglichkeit nicht nehmen, die Tiere und Pflanzen zu betrachten. Deshalb legte man einen Sandweg um den See an. Müllsammelgefäße wurden aufgestellt. Schilder geben über Gebote am Heidesee Auskunft. In unserer Arbeit wollen wir zwei Erhaltungsmaßnahmen besonders hervorheben: Entbinsung und Beweidung.

 

2.8.1 Entbinsung des Heidesees

Der Heidesee ist ein erhaltenswertes Gebiet, das auf die Pflege des Menschen angewiesen ist. Durch den Wandel der ökologischen Verhältnisse im Laufe der Zeit war der Nährstoffgehalt des Wassers gestiegen. Dies führte zu starker Schlammbildung und zu einem Ausbreiten der Flatterbinse. Auf längere Sicht wäre es zu einer Verlandung des Sees gekommen. Zwei Möglichkeiten zur Erhaltung des Gewässers boten sich an: Entschlammung und Entbinsung. Die verantwortlichen Projektleiter waren sich darüber einig, dass man bei der Entschlammung eines naturgeschützten Gewässers sehr vorsichtig vorgehen müsse. Viele Aspekte mussten hierbei beachtet werden. Solch eine Maßnahme bedeutet generell einen erheblichen Eingriff in das Ökosystem eines Gewässers: Die bestehende Lebensgemeinschaft zwischen Fauna und Flora wird dabei stark und nachhaltig verändert. So sah man zunächst von diesem Vorhaben ab.

 

Die Entbinsung des Heidesees ist mit hohem Aufwand und langwierigen Überlegungen verbunden. Es wurde das Ziel verfolgt, die weitere Ausbreitung der Flatterbinsen zu stoppen, gleichzeitig aber auch die Lebensräume der Tiere zu erhalten und zu schützen. Zuerst wurde geprüft, was für die starke Ausbreitung der Binsen ausschlaggebend war. Deshalb wurden Wasserproben genommen und analysiert: Ein stark erhöhter Phosphorgehalt war für die starke Ausbreitung verantwortlich. Wenn weniger Binsen im See sind, wird auch das Wasser nicht so stark von ab-sterbenden Pflanzenteilen belastet. Von vornherein war klar, dass nicht alle Binsen im See entfernt werden durften. Ein ca.15 Meter breiter Binsengürtel am Ufer des Heidesees sollte garantieren, dass der seltene Moorfrosch genug Platz für sein jährliches Laichgeschäft vorfindet. Aber nicht nur für den Moorfrosch sind die Binsen wichtig, viele Tiere nutzen sie als Versteck und Lebensraum. Es wurde geprüft, ob der Einsatz von Maschinen möglich ist. Da man eine Beschädigung der wasserundurchlässigen Schicht verhindern wollte, fand eine Bodenuntersuchung mittels Handbohrer und Profilbeschreibung statt. Es sollte festgestellt werden, wie die Unterbodenverhältnisse am Heidesee sind und ob bei einer Entbinsung die Gefahr besteht, dass die wasserundurchlässige Eisen-Humus-Ortsteinschicht verletzt würde und es so zu einem Wasserverlust im Heidesee kä-me. Aus Vorsicht setzte man einen Kran mit langem Ausleger ein, um die Binsen, die von Arbeitern im See herausgezogen worden waren, an Land zu befördern. Wie zuvor geplant blieb ein ca. 15 Meter breiter Gürtel aus Binsen unberührt. Bei der Entbinsung wurde Wert darauf gelegt, dass keine Pflanzenteile im See zurückblieben, da diese sich zersetzen würden und somit wiederum Nährstoffe ins Wasser gebracht hätten. Die ausgerupften Binsen wurden aus dem Gebiet des Heidesees entfernt, da sonst durch Regenwasser weitere Nährstoffe in den See eingetragen würden. Große Probleme sind z.B. die Eintragungen von Nährstoffen durch den Dung von Wasservögeln, Pferden und Hunden oder die Eutrophierung des Wassers durch Menschen, die die Enten des Heidesees füttern. Aus diesem Grund wurden am Heidesee Hinweisschilder über verantwortliches Verhalten aufgestellt.

 

2.8.2 Beweidung der angrenzenden Heideflächen In dem unmittelbaren Gebiet um den Heidesee werden jährlich für 6-7 Wochen Heidschnucken gehalten. Heide, Gräser und junger Baumbewuchs werden durch die Heidschnucken verbissen, das heißt kurz gehalten. Die Haltung der Heidschnucken ist mit hohem Aufwand verbunden. Ein Privatbesitzer aus Gescher stellt seine Herde gegen Bezahlung zur Verfügung. Mit einer Behindertengruppe von Haus Hall sorgt er für den An- und Abtransport, außerdem für frisches Trinkwasser und für die Aufstellung von Elektrozäunen, die verhindern sollen, dass die Tiere weglaufen oder im sumpfigen Ufer ertrinken.

 

Älterer Bewuchs, den die Tiere nicht fressen, wie z.B. Brombeere, kleinere Bäumchen und Sträucher, werden genauso wie eingesammelter Müll von der Gruppe abtransportiert und entsorgt. Eine weitere Arbeit besteht in der Betreuung und Kontrolle der Herde, der Elektrozäune und der ständigen Verlegung der Weidefläche.

 

Nicht alle Wanderer wissen, dass gerade die Heidschnucken durch ihren Verbiss die Heide jung erhalten und immer wieder zum Blühen bringen. Heidschnucken sind die kleinsten und genügsamsten Schafe. Es sind Wiederkäuer, die in großen Herden zusammenleben und mit Vorliebe in Heidegebieten grasen.

 

3. Schluss

Unsere Arbeit, die sich über einen längeren Zeitraum erstreckte, ordneten wir dem Fachgebiet Geo- und Raumwissenschaften zu. Uns war es wichtig, einen erfahrbaren Raum unserer Umgebung näher zu untersuchen. Bei Beobachtungen des Heideseegebiets sind wir auf eine Fülle von Informationen gestoßen, die uns zeigten, wie vielfältig, interessant und schützenswert dieser Lebensraum ist. Hier kann man einen großen Artenreichtum von z.T. seltenen Tieren und Pflanzen antreffen. Aus diesem Grund wurde dieses Areal unter Naturschutz gestellt.

 

Die Verantwortlichen standen vor der Frage, wie das Gebiet sich in Zukunft entwickeln sollte. Zum einen hätte man die Natur sich selbst überlassen können. Das hätte zur Folge, dass der See mit größter Wahrscheinlichkeit in einigen Jahrzehnten verschwunden wäre, wenn der Mensch nicht regulierend in das Ökosystem eingreifen würde. Man entschloss sich, das "Paradies Heidesee" im jetzigen Zustand weitgehend zu erhalten, um es für nachfolgende Generationen zu bewahren. So wird das Gebiet um den Heidesee auch in Zukunft ein wichtiges und schützenswertes Naherholungsgebiet unserer Region bleiben. Bei der Erstellung dieser Arbeit ist uns klar geworden, wie komplex unser Thema ist. Aus diesem Grund beabsichtigen wir, dieses Projekt weiterzuführen, da wir bisher noch nicht alle Aspekte ausführlich behandeln konnten.

 

4. Literaturverzeichnis

1. Aktenkopien der Unteren Landschaftsbehörde

2. Kartenmaterial des Katasteramtes Coesfeld

3. Frau G. Kirchhoff: "Pflanzensoziologische Untersuchung des Heidesees" (Wilmerstütenkuhle) von 1952 plus Nachtrag 1982

4. Schülerduden "Geographie", Bibliographisches Institut

5. Walter Vest: Ausgabe "Kiebitz" , Heft 2/1996: "In unserer Hand liegt unsere Erde"

6. "Der Landkreis Coesfeld 1816 bis 1966" , herausgegeben vom Kreis Coesfeld

7. Dr. Glandt: "Der Moorfrosch"

8. Landschaftsplan Coesfeld/Flamschen