Coesfeld . In der Tongrube , im Naturschutzgebiet Brink, gibt es einen Wasserschlauch . Nein, das ist kein künstliches Bewässerungssystem. Der "Gemeine Wasserschlauch" ist eine fleischfressende Pflanze, die mit ihren Fangbläschen kleine Wassertierchen fängt und verschlingt. Bei diesem Areal, das im Besitz der NRW-Stifung ist - und ehrenamtlich von Rudolf Averkamp (Naturschutzbund Coesfeld) betreut wird - handelt es sich um ein Feuchtbiotopkomplex "aus zweiter Hand", weil "das Gebiet zunächst der Ziegelei Kuhfuss zur Tonabgrabung diente und erst nach der Nutzungsaufgabe dem Naturschutz überlassen wurde", erklärt Kerstin Wittjen . Die Biologin arbeitet seit acht Jahren für das Naturschutzentrum (NZ) Kreis Coesfeld e.V., das den neuen Wanderführer durch die Region für die Baumbergetouristik entwickelte.
Die zweite ausgewiesene Route führt auf einem Rundweg vom Schloss Varlar, dem NGZ Varlarer Mühlenbach vorbei am Naturschutzgebiet Berkelaue zum Froschkönigreich am Brink. Am Rande des abgezäunten Areals gibt es an verschiedenen Aussichtspunkten drei Bänke, die zum Verweilen und Beobachten einladen.
Die Tongrube am Brink ist "das Revier" von Kerstin Wittjen, ihr Untersuchungsgebiet, das sie gerne auch als Eldorado für Amphibien, Libellen und Schmetterlinge bezeichnet. Hier sind Wasserfrosch, Kamm-, Teich- und Bergmolch zu Hause. Zu den bisher nachgewiesenen Reptilien gehören die Waldeidechse und die Blindschleiche. Als Kerstin Wittjen nach der Winterpause erstmalig wieder das Gelände betritt, um hier nach dem Rechten zu sehen, steigen vor ihr unter Protest schnatternde Graugänse in die Luft, im Gefolge ihre kanadischen Artgenossen. Skeptisch bemerkt sie, dass die Flattermänner hier gar nicht so gern gesehen sind. "Zu viele von ihnen verkoten das Wasser. Sie beeinträchtigen die Wasserqualität, es kommt zu Veralgung und damit gibt es weniger Libellen und Co.", erklärt die Fachfrau. Allein 33 von 73 in NRW heimischen Libellenarten wurden hier nachgewiesen. Mit Käscher und Lupenglas ausgerüstet, steigt Kerstin Wittjen den Hang herunter, um im Wasser Proben zu nehmen und zu forschen, was sich dort schon alles tummelt. Ende April ist hier Almauftrieb. Dann gibt es noch mehr Leben in diesem guten Beispiel für Vertragsnaturschutz. Will sagen: Dann knöpfen sich acht einjährige Rindviecher, sogenannte Färsen, diesen köstlichen Weidegarten vor. "Rinder als Biotoppfleger sind optimal. Sie können die Hochstauden und Büsche beweiden und wirken der Verbuschung entgegen. Das hat sich total bewährt", lässt die 43-Jährige wissen. Schottische Highlandrinder? Nein, die kommen hier nicht in Frage, sondern eine eher eine hiesige landwirtschaftliche Intensivrasse, "die sich nicht zum Abkühlen ins Wasser stellen und wiederum Verkotungen herbeiführen". Mit ihren Trittsiegeln schaffen die Vierhufer nackte Rohbodenflächen, die ihres Zeichens wiederum ein Mekka sind für das "Zierliche Tausendgüldenkraut" und das "Knotige Mastkraut". "Hier in der Tongrube gibt es das einzige bekannte Vorkommen des in NRW stark gefährdeten "Knotigen Mastkrauts" im Kreis Coesfeld", versicherte die Botanikerin.
Eine weitere Besonderheit im Naturschutzgebiet Brink ist ein Wölbäcker, ein Zeugnis des mittelalterlichen Ackerbaues mit einem charakteristischen wellenförmigen Profil. Mittlerweile ist der Acker in Grünland umgewandelt. Die Laubfrösche finden in den wassergefüllten Furchen zwischen den Aufwölbungen ausgezeichnete Laichgewässer vor. In Schlehen und Weißdornhecken ringsrum hat der Laubfrosch seine Landquatiere, auch wenn es hier Mitbewohner mit bedrohlichen Namen wie Neuntöter, auch Rotrückenwürger genannt, gibt. "Die Tongrube und der Wölbacker beherbergen mit über 100 Rufern die größte Laubfroschpopulation im Kreis Coesfeld", sagt die Biologin. Zwei Mal im Jahr bietet das Naturschutzzentrum, zusammen mit dem Nabu, Exkursionen ins Königreich der Frösche an. Zum "Tag der Artenvielfalt" am 12. Juni plant das NZ ebenfalls eine geführte Begehung durch dieses schützenwerte Areal. 0 In die Bauerschaft Höpingen, zur Vechtequelle und zum Schloss Darfeld geht es morgen | www.baumberge.com
WN 30.03.2010