Unsere Geschäftststelle wird aktuell sehr häufig nach dem Eichenprozessionsspinner angefragt. Ich möchte klar stellen, dass wir uns für alle Lebewesen auf unserem Planeten einsetzen. Die Eichenspinnerproblematik hat bereits im letzten Jahr aufgrund der Massenvermehrung häufiger als üblich zu Problemen geführt.
Der Eichen-Prozessionsspinner (Thaumetopoea processionea) ist ein Nachtfalter. Er bevorzugt ein warm-trockenes
Klima und breitet sich aufgrund der Klimakrise immer stärker in Deutschland, auch NRW und im Münsterland aus. Die Brennhaare der Raupen sind für Mensch und Tier gefährlich und lösen
allergische Reaktionen aus. Als Insekt des Offenlandes kommt er vor allem in warm-trockenen Regionen vor und bevorzugte
Einzelbäume, Bestandsränder und lichte Eichenwälder. Der Eichenprozessionsspinner (EPS) kommt an allen Eichenarten vor, neben der Stiel- und
Traubeneiche auch an der amerikanischen Roteiche. Der unscheinbare Falter ist 25 bis 32 Millimeter groß, nachtaktiv
und schwärmt in den Monaten Juli und August, teils bis in den September. Die Weibchen legen ihren Eivorrat - bis zu 200 Stück - innerhalb weniger Tage an ein- bis dreijährigen Zweigen, gerne an
der Südseite der Bäume im obersten Kronenbereich. Die Jungraupe überwintert im Ei und kann sogar tiefe Wintertemperaturen bis -29 Grad Celsius überstehen.
Bereits im Herbst entwickeln sich die kleinen Eiräupchen und schlüpfen dann im April bis Anfang Mai. Sie schließen sich kurz nach dem Schlüpfen zu den typischen
„Prozessionen“ zusammen, von denen sie auch ihren deutschen Namen bekommen haben. Abends wandern sie so gemeinsam zum Fressen in die Baumkrone. Mit bis zu 30 Tieren nebeneinander können sie 10
Meter lange Prozessionen bilden. Die Entwicklung der Raupen umfasst sechs Stadien.
Sie sind von Anfang an stark behaart. Ab dem 3. Larvenstadium entwickeln sie die mit Widerhaken versehenen Brennhaare mit dem Nesselgift Thaumetopein und sind dann für Mensch und Tier
sehr gefährlich. Am Ende des sechsten Larvenstadiums erreichen die Raupen eine Körperlänge von bis zu vier Zentimeter. Temperaturabhängig verpuppen
sich die Altraupen Mitte bis Ende Juni. Dazu spinnen sie sich in ockerfarbene Kokons und bilden ein sehr großes Gespinstnest. Nach drei bis fünf Wochen schlüpfen die Falter.
Für den Menschen gefährlich sind die Haare ab dem 3. Larvenstadiums des EPS, also im Mai und Juni. Die 0,2 Millimeter langen Brennhaare brechen leicht ab, sind mit Widerhaken versehen und enthalten das Eiweiß „Thaumetopoein“. Mit jedem Entwicklungsstadium steigt die Gesundheitsgefährdung. Eine Altraupe besitzt bis zu 700.000 Brennhaare. Die (fast unsichtbaren) Brennhaare dringen leicht in die Haut und Schleimhaut ein und setzen sich dort mit ihren Häkchen fest. Eine Gefährdung besteht nur bei direkten Kontakt mit den Raupen. Eine ganzjährige Gefahrenquelle sind allerdings die Häutungsnester und die am Baum oder am Boden verbleibenden Verpuppungsgespinste. Die Brennhaare bleiben an Kleidung und Schuhen haften, die bei Berührung immer neue toxische Redaktionen auslösen. Das Toxin der Brennhaare ist über mehrere Jahre aktiv. Sogar Brennholz aus diesen Gebieten stellt einen Risikofaktor dar. Die eindringenden Brennhaare reizen die Oberhaut und die Schleimhäute und können Knötchen, Quaddeln und eine Hautentzündung verursachen. Die Hautreaktionen halten unbehandelt oft ein bis zwei Wochen an. Meist sind alle Hautbereiche betroffen, welche nicht bedeckt waren. Die Haut- und Schleimhauterscheinungen können mit Kortisolpräparaten behandelt werden. Gegen den Juckreiz helfen Antihistaminika. Reizungen an Mund- und Nasenschleimhaut durch Einatmen der Haare können zu Bronchitis bis hin zu Asthma führen. Hier wirken Kortisonsprays und Sprays mit bronchienerweiternden Mitteln.
Generell dürfen Raupen und ihre Nester auf keinen Fall berührt werden. Schon bei Verdacht eines Gifthaarkontakts
können folgende Maßnahmen helfen: Kleidung umgehend im Freien (!) wechseln, Schuhe nass reinigen, Kleidung bei
mindestens 60 Grad waschen, sichtbare Raupenhaare mit einem Klebstreifen entfernen, gründliche Dusche mit
Haarreinigung und Augenspülung mit Wasser, betroffene Gegenstände wie das Auto waschen und saugen, bei Hautreaktionen
sollte der Hausarzt aufgesucht werden, bei Atemnot sofort den Rettungsdienst alarmieren. Zwar schützt das Fell unserer Haustiere gut vor den Haaren, aber Schnauze und Schleimhäute sind ebenfalls gefährdet. Vor allem Hunde sind durch ihr Herumschnüffeln in Gefahr.
Das Gift der Raupe kann bei Ihnen schwere allergische Reaktionen auslösen.
Wer Nester des EPS entdeckt, sollte sie sie umgehend dem zuständigen Gesundheits- oder Gartenamt oder im Wald den Forstämtern melden.
Bei einmaligem Kahlfraß durch den Eichenprozessionsspinner verhindert die Regenerationskraft der Eichen Folgeschäden. Außerdem
besitzs der EPS eine Vielzahl natürlicher Feinde. Einige entfalten ihre Wirkung erst
nach mehreren Jahren der Massenvermehrung. Besonders wirksam sind Ei- und Raupenparasiten wie die Raupenfliegen und die Schlupfwespen, die ihn in der Endphase der Massenvermehrung stark
dezimieren können. Räuberische Käferarten wie der Große und Kleine Puppenräuber sind bei hoher Dichte häufig zu beobachten, dezimieren EPS jedoch nicht nennenswert. Von den Vögeln trauen
sich nur wenige Arten wie der Kuckuck und der Pirol an die Raupen. Diese sind allerdings durch Lebensraumverlust bei uns kaum noch anzutreffen.
Bei geringem Befall kann eine mechanische Bekämpfung erfolgen. Bisherigen Erfahrungen zeigen, dass durch mechanischen Maßnahmen, die vor der Verpuppung stattfinden, nicht die gesamte Population vernichtet wird. Der beste Zeitpunkt ist, wenn sich die Raupen in den Gespinsten verpuppen und immobil sind. Der Einsatz von Insektiziden ist sorgfältig abzuwägen und muss die Belange von Natur- und Wasserschutz berücksichtigen. Wenn zum Schutz der Bevölkerung und des Baumbestandes auf Pflanzenschutzmittel zurückgegriffen werden muss, werden biologischen Schädlingsbekämpfungsmittel (Dipel ES, Foray ES), die den Wirkstoff Bacillus thuringiensis enthalten, bevorzugt. Das enthaltene Bakterium wird durch die Raupen aufgenommen und führt zum Absterben.
Der NABU Coesfeld bittet darum, wer Nester des EPS entdeckt, sollte sie sie umgehend dem zuständigen
Gesundheits- oder Gartenamt oder im Wald den Forstämtern melden. Der NABU hat nicht die Kapazitäten diese Informationen weiter zu leiten. Mieter können sich an Ihren Vermieter wenden. Eigentümer können die Nester durch entsprechende Fachfirmen beseitigen lassen.
Wir bedanken uns für Ihr Verständnis.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Detlev Kröger
Der Beitrag wurde erstellt am 20.06.2019